Nachdem du weißt wie man beim Sous Vide alles bis hin zum Garen unter der richtigen Temperatur erledigt, musst du wissen wie man Sous Vide gekochte Essen richtig anbrät. Scharfes Anbraten bringt dich noch näher an ein Profikochniveau und lässt dein Essen fürs Auge noch viel attraktiver wirken.
Was hat es mit scharfem Anbraten beim Sous Vide auf sich?

Scharfes Anbraten bei sehr hoher Hitze ermöglicht dir eine leckere, karamellisierte Kruste auf der Oberfläche deiner Lebensmittel zu erschaffen. Diese Bräunungsmethode erzeugt eine chemische Reaktion und wird im Fachausdruck als Maillard Reaktion bezeichnet, wovon häufiger in Sous Vide Foren gesprochen wird.
Wenn normalerweise Fisch oder Fleisch angebraten wird bis es fertig ist, spricht man von traditionellem Anbraten. Doch bei Sous Vide wird das Protein der Lebensmittel zuerst gekocht und erst hinterher angebraten. Das ist streng genommen umgekehrtes Anbraten. Doch zur Einfachheit bezeichnen wir umgekehrtes Anbraten als Anbraten.
Warum wird beim Sous Vide scharf angebraten?
Das Anbraten an sich erschafft schon einen unglaublichen Geschmack, doch es gibt noch mehr Gründe diese Kochtechnik anzuwenden. Denn für gewöhnlich lässt die angebratene Bräune das Erscheinungsbild des Sous Vide Essens appetitlicher wirken.
Beim Aufschneiden des Essens kommt der Kontrast zwischen beiden Außenseiten hervor: die schöne angebratene Außenfläche und die perfekt gleichmäßig gegarte Mitte. Außerdem wird die Textur und die Konsistenz der Oberfläche im Gegensatz zur Mitte verändert.
Essen ist ein Erlebnis bei dem all unsere Sinne teilnehmen. Je harmonischer wir diese stimulieren desto genüsslicher wird die Erfahrung der Mahlzeit.
Sous Vide Fleisch vorher oder nachher anbraten?
Das Fleisch vorher anzubraten, also bevor es verpackt wird, verbessert kaum den Geschmack oder die Textur.
Im Beutel wird die Kruste tendenziell wieder weicher, was wir ja nicht wollen. Wenn man das Fleisch danach sogar erneut angebrät, wird die Außenschicht eher verkocht. Das Fleisch sollte roh in den Beutel gegeben werden und das Anbraten dient dann als finaler Schritt.
Solltest du dennoch dein Essen vorher anbraten wollen, musst du es unbedingt schnell wieder unter 5 °C kühlen bevor du es langsam erhitzt. Mehr zu Sous Vide Sicherheit & Bakterien.
Benötige ich spezielle Küchenhelfer zum Sous Vide Anbraten?



Die kurze Antwort ist nein. In der Regel hat man alles im gewöhnlichen Haushalt fürs Anbraten. Mindestvoraussetzungen sind eine Pfanne und ein Heizelement. Es gibt dennoch spezielle Küchenhelfer die deine Möglichkeiten zum Anbraten erweitern:
- eine rostfreie Eisengusspfanne
- ein Flambierer
- ein Kontaktgrill
Wie heiß ist heiß genug?
Die Oberfläche deines Fleisches oder Fisches muss eine Temperatur von über 150 °C übersteigen um die schöne braune Färbung zu bekommen. Technisch gesehen kannst du also bei beliebiger Temperatur über 150 °C anbraten um das zu erreichen.
Jedoch dauert das Anbraten bei niedrigeren Temperaturen länger, wobei du letztendlich eine dickere fertige Schicht erzeugst.
Wenn du mit einem Sous Vide Stick kochst, vergötterst du die perfekte Textur von einem Rand bis zum anderen Rand. Daher willst du in diesem Fall gar keine dickere fertige Schicht bei deinem Fleisch. Wir empfehlen dir deshalb das Anbraten bei höherer Temperatur um diesen Prozess zu beschleunigen.
Falls du Öl dabei verwendest, solltest du den Rauchpunkt des jeweiligen Öles dabei beachten.
Achtung: Scharfes Anbraten steht immer im Verhältnis der anzubratenen Lebensmittel. D.h. eine niedrige Temperatur kann trotzdem als scharf anbraten bezeichnet werden, da z.B. Fisch eine nicht so hohe Temperatur benötigt.
Hähnchenfleisch an sich hat zum Beispielt eine viel bessere Wärmeisolation, sodass es viel weniger Hitze benötigt als Rind- und Lammfleisch.
Sous Vide Anbraten mit Öl oder ohne?



Öl oder kein Öl beim Anbraten ist ein ewiges Streitthema und hängt stark vom Koch selbst ab sowie dem anzubratenden Essen. Fleisch mit höherem Fettanteil benötigt eventuell kein zusätzliches Öl in der Pfanne.
Wenn du aber dennoch dich dazu entscheidest Öl zu verwenden, ist es sehr wichtig den Rauchpunkt des Öles im Blick zu behalten. Der Rauchpunkt ist die Temperatur bei der das erhitzte Öl oder Fett anfängt zu Glycerin und freien Fettsäuren herunterzubrechen.
Dabei entstehen andere Komponenten die das Essen verbrannt und bitter schmecken lassen.
In den meisten Fällen verwenden wir zum Anbraten nur sehr wenig Öl, das zudem einen relativ hohen Rauchpunkt hat. Es hilft dabei die Proteine einfacher von der Pfanne zu lösen und stellt einen gleichmäßigeren Kontakt zwischen Fleisch und Pfanne her.
Hier findest du eine Übersicht der Rauchpunkte von verschiedenen Ölen und Fetten.
Tabelle der Rauchpunkte von Öl & Fett
Öl / Fett | Rauchpunkt | Neutraler Geschmack? |
---|---|---|
Avocadoöl | 271 °C | Ja |
Reisöl | 260 °C | Ja |
Senföl | 260 °C | Nein |
Traubenkernöl | 252 °C | Ja |
Kamilienöl | 252 °C | Nein |
Olivenöl extra Light | 240 °C | Ja |
Distelöl | 232 °C | Ja |
Erdnussöl | 232 °C | Ja |
Sojaöl | 232 °C | Ja |
Maisöl | 232 °C | Ja |
Butterschmalz | 232 °C | Nein |
Sonnenblumenöl raffiniert | 232 °C | Ja |
Palmkernöl | 232 °C | Ja |
Haselnussöl | 220 °C | Nein |
Olivenöl raffiniert | 220 °C | Nein |
Baumwollsamenöl | 216 °C | Ja |
Mandelöl raffiniert | 215 °C | Nein |
Sesamöl raffiniert | 210 °C | Nein |
Macadamiaöl | 210 °C | Ja |
Rapsöl | 205 °C | Ja |
Walnussöl | 205 °C | Nein |
Ochsenfett | 205 °C | Nein |
Schweinefett | 195 °C | Nein |
Hähnchenfett | 190 °C | Nein |
Entenfett | 190 °C | Nein |
Pflanzenfett ungehärtet | 180 °C | Ja |
Butter gesalzen | 176 °C | Nein |
Butter ungesalzen | 176 °C | Nein |
Kokosnussöl | 176 °C | Nein |
Sesamöl unraffiniert | 175 °C | Nein |
Olivenöl extra virgin | 166 °C | Nein |
Hanföl | 165 °C | Nein |
Olivenöl virgin | 160 °C | Nein |
Margarine, weiche | 160 °C | Nein |
Margarine, harte | 150 °C | Nein |
Leinöl | 107 °C | Nein |
Gibt es Vorbereitungsschritte bevor ich mit dem Anbraten beginnen kann?
Ja. Um das Maximum herauszuholen musst du folgende zusätzliche Schritte vornehmen:
- Trockne dein Fleisch ab. Alles was du tun musst ist dein Fleisch mit Papiertüchern abzutrocknen. Es ist essenziell, dass du so viel Feuchtigkeit wie möglich von der Oberfläche deines Fleisches entfernst. Du erinnerst dich noch daran, dass dein Fleisch bei mehr als 150 °C gekocht werden muss um zu karamellisieren? Denn Wasser verdampft schon bei 100 °C. Wenn dein Steak feucht ist wird zuerst das Wasser erhitzt und dementsprechend dein Fleisch hinterher gedämpft. Nicht gut.
- Würzen. Salzen und pfeffern hilft dir dabei die leckere und braune Krustenschicht entstehen zu lassen.
- Lass dein Fleisch vorher einige Minuten bei Raumtemperatur liegen. Dadurch verdampft noch in wenig mehr Feuchtigkeit und Fleisch bei Raumtemperatur lässt sich am besten anbraten.
- Bring deine Pfanne auf Superheiß! Du willst das es so heiß ist, dass wenn du einen Tropfen Wasser drauf tröpfelst, das Wasser herumspringt, brutzelt und verschwindet; zumindest bei Rind- und Lammfleisch (nicht alle Lebensmittel müssen auf Maximalstufe angebraten werden, siehe oben).
- Nachdem die oberen Bedingungen erfüllt sind, füge etwas Öl hinzu und verteile es gleichmäßig in der Pfanne durch herumschwingen oder durch einen Pinsel. Wir bevorzugen hierbei einen Silikonpinsel um die dünnste und gleichmäßigste Schicht zu bekommen. Nachdem das Öl anfängt zu schimmern oder sich zu kräuseln, ist es Zeit das Fleisch hineinzugeben.
Was muss ich sonst noch über scharfes Anbraten in der Pfanne wissen?



- Du benötigst ungefähr nur 45-90 Sekunden pro Seite falls die Pfanne heiß genug ist.
- Überlade die Pfanne bloß nicht. Du brauchst zwischen einzelnen Lebensmittelstücken mindestens 2,5cm Abstand. Durch das Kochen wird noch mehr Saft freigesetzt (nochmal zur Erinnerung: wir wollen die perfekt gekochte Lebensmittel nicht dämpfen).
- Proteine benötigen permanenten Oberflächenkontakt beim Anbraten, d.h. nachdem du dein Fleisch hineingegeben hast solltest du es nicht mehrmals wenden oder es herumschieben. Gib jeder Seite mindestens 45 Sekunden Zeit bevor du es bewegst oder kurz prüfst.
Gibt es Möglichkeiten um auch ohne Pfanne eine schöne Kruste zu bekommen?
Ja. Hier sind weitere Methoden:
1. Anbraten im Ofen
Heize deinen Ofen im Grillmodus auf hohe Hitze vor und platziere das Blech etwa 10-15cm unter den Heizstäben. Bei dieser Methode solltest du stets ein Auge über den Bräunungszustand halten, da die Proteine hierbei sehr schnell kochen.
Die genaue Kochzeit hängt natürlich von den Lebensmitteln ab, aber erfahrungsgemäß sind es ungefähr 5-10 Minuten. Wenn du noch ein Bodengitter hast, das du unter dem Fleisch platzieren kannst, benutze es ruhig (wegen dem austretendem Saft der dein Fleisch dämpft).
2. Flambieren
Das ist vermutlich die beeindruckendste Methode die du vor Gästen anwenden kannst. Vielleicht bist du ja mit dem Konzept von Creme Brulee vertraut. Bei dieser Technik hast du größeren Einfluss auf die Bräunung des Essens, besonders bei denen mit unebenen Oberflächen.
Am besten platzierst du das Essen auf ein Backblech, das auf einer Hitzeresistenten Oberfläche liegt (Herdplatte, Untersetzer, dickes Holzbrett). Somit schützt du deine Arbeitsfläche und hast gleichzeitig reichlich Platz von allen Seiten um dein Essen zu befeuern.
Ein kurzes Beispielvideo kannst du hier anschauen:
3. Kontaktgrill
Die meisten Kontaktgrillmodelle schaffen locker 210°C - 260°C, was ausreichend heiß ist scharfes Anbraten. Stelle dein Gerät auf die höchste Temperatureinstellung und lass es eine Weile geschlossen warm laufen.
Sobald die meist mit eingebaute „Fertig“-Anzeige leuchtet, kannst du dein Fleisch hineinplatzieren und zuklappen. Doch denke daran die Fläche nicht zu überfüllen (mind. 2,5cm Abstand zwischen den einzelnen Stücken). Mit dieser Methode kocht dein Fleisch wirklich schnell, stelle also sicher dass die maximale Zeit nicht über eine Minute liegt.
Bemerkung: Von allen Methoden ist dies diejenige bei der am wenigsten Rauch erzeugt wird und trotzdem sehr schnell funktioniert. Das Ergebnis ist wunderschön.
Wie man die Rauchentwicklung beim Anbraten minimiert
Anbraten erzeugt oft Rauch was für viele Leute ein Problem darstellen kann. Zum Glück kann man dagegen ankämpfen, indem man die Anbratmethode auswählt sowie die richtige Auswahl des Öles und ob man überhaupt Öl anwenden möchte.
- Pfannenbraten erzeugt den meisten Rauch, gefolgt von Ofenbraten, dann der Flambiermethode und letztendlich dem Kontaktgrill, was am wenigsten Rauch produziert.
- Verwende wenn möglich immer Öl/Fett mit einem hohen Rauchpunkt und verwende gerade so die benötigte Menge um deine Pfannenoberfläche abzudecken.
Probiere doch nun alle Tipps selber aus! Fang am besten mit unserer Anleitung für ein perfektes Sous Vide Steak an.
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